Interview mit YouTuber und Journalist Henrik Neumann über seine Erfahrungen als Reporter auf der Videoplattform.

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Henrik, du wurdest letztes Jahr zu einem der besten Journalisten unter 30 Jahre gewählt, bist auf allen Social-Media-Kanälen vertreten und hattest deine eigene Serie auf „Welt Online“. Glückwunsch, du bist eine Marke.
Danke. Krass, oder?
Für N24 hast du jetzt mit deiner Kollegin Christiane Wittenbecher eine 45-Minuten-Dokumentation über YouTube-Stars gedreht. Soll etwas von dem Fame auf dich abfärben?
Haha, ja, aber das sage ich im Trailer zur Dokumentation auch offensiv.

Weswegen baust du deinen YouTube-Kanal derzeit ebenfalls so offensiv aus?
Für meine Videos ist YouTube derzeit ein Zweitverwertungskanal, daraus kann jedoch mehr werden. Momentan finden viele Medien YouTube so spannend, die „Bild“ macht es, der WDR macht es, wir machen es. Doch manchmal habe ich das Gefühl, dass die richtige Idee noch nicht umgesetzt wird.
Was ist die richtige Idee?
Der richtige Ansatz ist meiner Meinung nach, Geschichten aus YouTube rauszukriegen; eine Community zu haben und mit denen zu reden. Das ist der einzige Unterschied zu dem, was ich auf der Seite von der „Welt“ mache. Ich frage: Was habt ihr für Geschichten und welche davon soll ich machen? Nicht, weil wir zu wenig Ideen haben, sondern weil wir es einfach mal umdrehen wollen.
Gute Geschichten sind das eine, glaubwürdiger Journalismus das andere. Steht YouTube dazu nicht im Widerspruch?
Nein. Es gibt auf Youtube viele Leute, die etwas Ähnliches machen wie wir Journalisten. Aber: Auf YouTube funktionieren andere Formate, eine journalistische Ausbildung behindert hier manchmal. Denn wir Journalisten wollen uns an unser Handwerkzeug halten. Wenn ich ein Video mache, dann kann ich nicht nur meine Meinung raushauen. Doch genau das ist es, was auf Youtube sehr gut funktioniert. Eine starke Meinung. Doch als Journalist machst du dich schnell unglaubwürdig, wenn du immer mit dem Dampfhammer auf den Kopf haust.
Journalismus muss also beides vereinen, Glaubwürdigkeit und Zuschauerzahlen.
Schon, denn die Kids erreichen wir nicht mehr, weil sie sich – vermeintlich – nicht mehr für klassische Nachrichten interessieren. Doch wenn der YouTuber LeFloid ein Video macht und da die Nachrichten kommentiert, dann ist er für einen Großteil der sehr jungen Generation damit glaubwürdiger als irgendein Nachrichtensprecher bei der ARD.

Ist der YouTuber LeFloid allein dadurch ein Journalist?
Nein, das nicht, aber er macht zumindest journalistische Arbeit, er setzt Ereignisse in einen Kontext. Gleichzeitig geht er auch sehr offensiv damit um, dass er kommentiert.
Heißt: Nicht alles, was er sagt, stimmt, ist faktisch belegt. Aber, er schafft, dass sich Leute darüber Gedanken machen, über das, was er da sagt. Auf YouTube gibt es viele Blogger, die keine ausgebildeten Journalisten sind, aber Informationen an sehr viele Menschen bringen. Auch solche, über die wir Journalisten gar nicht nachdenken. Wenn der YouTuber Simon „Unge“ Wiefels mit seinen Freunden auf Longboards von Kiel zum Schloss Neuschwanstein fährt, sind da Reportage-Elemente enthalten.
Natürlich ist es aus unserer Sicht eine Frage der Glaubwürdigkeit, des Faktenchecks, was die Youtuber von uns Journalisten unterscheidet. Natürlich ist die Geschichte nicht gut durchrecherchiert. Aber er erreicht damit viel viel mehr Leute als zum Beispiel das Dossier in der „Zeit“.
Henrik auf Twitter:
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Die Playlist der 10-teiligen Webvideoserie von Henrik Neumann und Christiane Wittenbecher:
Dieses Interview ist wirklich interessant. Da man einfach sieht, dass sich der Jorunalismus wandelt bzw. wandeln muss um auch auf Videoportalen wie Yotube & Co. erfolgreich zu sein.
Aber ob der Weg wie ihn LeFloid und andere beschreiten wirklich der Richtige ist, wage ich doch sehr zu bezweifeln.
Guter Artikel! Recherche ist ein muss. Da muss ein Reifungsprozess stattfinden. Gerade Youtuber gehen oft über die Masse, anstatt weniger und dafür qualitativ hochwertigere Formate zu erschaffen.
Cooler Beitrag! Ich finde auch das Webjournalismus viel mehr in unserer heutigen Zeit bewegen kann und wird, als die aktuellen TV-Nachrichten. Viele Grüße