Wie VR das Storytelling verändert

Wie erzählt man eine Geschichte, wenn man gar nicht weiß, wo der Zuschauer hinsieht? Eine Herausforderung beim VR Storytelling. Das Medieninnovationszentrum Babelsberg nimmt sich der Frage jetzt an.

Von Susanne Dickel

Wer sich als Storyteller in die Virtual Reality wagt, muss sich mit der Frage auseinandersetzen, inwiefern ein „Erzählen“ im eigentlichen Sinne überhaupt noch möglich ist.  Auf VR-Brillen geht es eher darum, den Nutzern ein „Storyliving“ zu ermöglichen. Geschichten werden dadurch sehr viel komplexer.

Stephan Schindler, Vorsitzender des Vereins Virtual Reality Berlin Brandenburg beschreibt dieses Phänomen: „Selbst wenn du schon Storytelling-Experte bist – für VR musst du dich neu erfinden“.

Autoren müssen sich weiterentwickeln. Das heißt aber nicht, dass auch die Kunst des Storytellings verschwindet, im Gegenteil: In VR ist es umso wichtiger, eine packende Geschichte erzählen zu können, die die Usern zu jedem Zeitpunkt dazu motiviert, ihr zu folgen und sich nicht in der virtuellen Welt zu verlieren oder gelangweilt die Brille abzusetzen.

Spannende Inhalte für VR zu erstellen. Darum geht es auch am MIZ.
Spannende Inhalte für VR zu erstellen. Darum geht es bei dem Fortbildungsprogramm.

Das Programm „VR Future Storytelling“ des Medieninnovationszentrums Babelsberg (MIZ) soll hier alle wesentlichen Kenntnisse vermitteln.

Meike Fischer, die Leiterin des Bildungsbereichs, entwickelte und organisiert das VR-Programm: „Der Fokus liegt bewusst auf dem Thema Storytelling. Es soll Menschen, die sich bereits mit der Kunst des Erzählens auskennen, den Einstieg in das Thema VR erleichtern. Außerdem ist es das erste modulare Programm dieser Art, sowas gab es bisher noch nicht.“

Das Angebot richtet sich an Journalisten, Filmemacher, Gründer, Studierende, Youtuber, kurz an alle, die schon Storytelling-Erfahrung haben, aber im Bereich Virtual Reality Einsteiger sind.

IntoVR_VR_Workshop_360Video

 

In Basis-Workshops bekommen die Teilnehmer zunächst einen Überblick über die verschiedenen Erzählweisen, vom 360°-Video über Virtual bis zur Mixed Reality, und die Technik, beispielsweise die unterschiedlichen HMDs, von Samsung Gear VR bis Oculus Rift.

Dadurch können sie sich ein besseres Bild davon verschaffen, was VR ermöglicht und wo die Grenzen der verschiedenen Erzählweisen liegen.

Darauf bauen weitere Workshops auf, beispielsweise zu Spatial Audio. Das Thema wird oft unterschätzt, dabei ist Sound in VR noch wichtiger als in 2D-Videos. Denn man kann zwar den Blick nicht lenken – aber mit Geräuschen können VR-Entwickler den Usern Hinweise geben, wo etwas passiert und wo sie hinschauen sollten.

Ziel des Programms „VR Future Storytelling“ ist, dass jeder selbst ein Projekt entwickelt. In der Praxisphase probieren die Teilnehmenden aus, wie man ein Treatment für ein VR-Projekt verfasst und was man beachten muss, wenn man ein Skript schreiben will. In regelmäßigen Colloquien berichten sie über Fortschritte oder können sich bei Problemen Tipps einholen.

Auf diese Phase ist Professor Björn Stockleben von der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf besonders gespannt. Die Filmuniversität ist einer der Kooperationspartner des Bildungsprogramms. Das Interesse der Studierenden an VR ist groß, immer mehr Konzepte für Promotionen werden dazu eingereicht. Schon jetzt promovieren zwei Doktoranden in diesem Bereich.

Doch immer wieder scheitern Projekte, weil es noch zu wenig Wissen darüber gibt, was funktioniert und was nicht, berichtet Stockleben: „Da werden monatelang Konzepte für VR-Experiences geschrieben, ganze Drehbücher. Dann wird gedreht und man stellt erst im Schnitt fest: So geht es nicht.“

Ein Beispiel dafür ist das Projekt „Starre“: Erst nach Ende der Dreharbeiten fiel auf, dass die Kameras falsch platziert waren. Für den richtigen Abstand können in 360°-Videos wenige Zentimeter entscheidend sein. Manche Einstellungen kamen den Protagonisten unangenehm nah – andere waren zu weit weg, um die Gesichtszüge gut erkennen und deuten zu können.

Solche Fehler zu vermeiden, ist ein Ziel des Programms. Die Teilnehmenden testen so früh wie möglich, wie ihre Ideen wirken: mit Knetfiguren, Zeichnungen oder auch mit einer Stellprobe für ein schnelles 360°-Foto mit einer Consumer-Kamera.

Als besonderes Highlight findet am 16.11.2017 abends ein „Satellite Event“ mit Michel Reilhac in der Filmuniversität Konrad Wolf statt. Der Transmedia-Produzent und VR- Filmemacher wird zusätzlich zu einem fortgeschrittenen VR-Storytelling-Workshop am MIZ- Babelsberg eine Lesung an der Filmuniversität halten. Deren Fokus liegt ebenso auf dem Geschichtenerzählen in und mit Virtual Reality und wird für das interessierte Publikum geöffnet sein.

Zur Autorin: Susanne Dickel, Co-Founderin von IntoVR, einer Produktionsfirma für 360°-Videos. Seit zweieinhalb Jahren produziert sie journalistische Videos in 360°.

Susanne Dickel im Einsatz für ein VR Projekt mit der 360°-Kamera Z Cam S1 Pro.
Susanne Dickel im Einsatz für ein VR Projekt mit der 360°-Kamera Z Cam S1 Pro.

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